Admin Login

Breaking the glass ceiling: Frauen in Kanzleien

/ von Jessica Braunegger
/ veröffentlicht am 12. Februar 2021
/ Lesezeit 2 Minuten

De jure gibt es in Österreich schon seit längerem eine Gleichstellung der Geschlechter. De facto gibt es in vielen Bereichen die vielzitierte „Gläserne Decke“: unsichtbare Barrieren, die Frauen daran hindern, bestimmte Berufe zu ergreifen oder in ihrem jeweiligen Feld eine Führungsposition zu erlangen. Anwaltskanzleien gehören dazu. Obwohl Frauen mehr als die Hälfte aller Jus-Absolvent*innen stellen, sind Kanzleien überwiegend männlich besetzt. Wir haben uns angeschaut, warum das so ist und wo sich Chancen für Rechtsanwältinnen auftun.

„Alle Staatsbürger sind vor dem Gesetz gleich. Vorrechte der Geburt, des Geschlechts, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses sind ausgeschlossen“, zitiert das Bundeskanzleramt die österreichische Verfassung. Trotz der gesetzlichen Gleichstellung gibt es in der Berufswelt teilweise große Unterschiede zwischen den Geschlechtern – ironischerweise auch bei jenen, die sich beruflich mit Gesetzgebung beschäftigen.👩‍⚖️

Kanzleien als exklusive Männerclubs

Im Studienjahr 2018/19 haben der Statistik Austria zufolge 2.500 Personen ein rechtswissenschaftliches Studium an einer öffentlichen Universität abgeschlossen. Davon waren mehr als die Hälfte Frauen. Bei den aktiven Rechtsanwält*innen sieht das Verhältnis anders aus. Laut Österreichischem Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK) betrug der Frauenanteil bei Anwält*innen im Jahr 2019 nur 23 Prozent. Der wuchs in den letzten Jahren zwar kontinuierlich, bildet aber trotzdem einen starken Kontrast zu den Absovlent*innen. Generell gilt: Je höher die Karrierestufe, desto größer wird der Gegensatz. Bei den Equity-Partner*innen, jenen die am besten verdienen, liegt der Frauenanteil dem Standard zufolge bei geringen drei Prozent.

Fehler im System

Die Gründe für diese Diskrepanz sind vielfältig. Die Juristin und Gründerin des Vereins „Women in Law – Austria“, Sophie Martinetz, nennt im oben erwähnten Standard-Artikel die geringen Aufstiegschancen und die schwierige Vereinbarkeit von Beruf von Familie. Neben der hohen Zahl an Arbeitsstunden und Wochenendarbeit bleibe nicht viel Zeit für ein Familienleben – egal ob mit Kindern oder ohne. Wegen solcher systemischen Hindernisse würden viele Frauen in die Rechtsabteilungen von Unternehmen wechseln oder gar in ein anderes Feld.

Welche Kanzleien bemühen sich um diversere Teams?

Obwohl die Situation für Anwältinnen auf den ersten Blick sehr ernüchternd wirkt, gibt es in Österreich einige Kanzleien, die sich des Problems bewusst sind und aktiv daran arbeiten, ihre Teams diverser zu gestalten. Women in Law – Austria zeichnet jährlich die besten dieser Vorreiter aus. Heuer gingen Preise unter anderem an PWC Legal (oehner & partner rechtsanwälte gmbh) und PHH Prochaska Havranek Rechtsanwälte GmbH & Co KG. Im letzten Jahr hat sich beispielsweise die Kanzlei Haslinger / Nagele & Partner Rechtsanwälte besonders hervorgetan.

Anwältinnen nehmen das Ruder selbst in die Hand

Ein weiterer Trend, der sich in den letzten Jahren immer stärker abzeichnete: Frauen verlassen alteingesessene Kanzleien und gründen ihre eigenen. Damit sind sie teilweise sehr erfolgreich. Die Juristin Bettina Knötzl wagte diesen Schritt beispielsweise 2016 und zählt mittlerweile über 20 Personen zu ihrem Team, mehr als die Hälfte davon Frauen. So tun sich hier neue Jobchancen für angehende Rechtsanwältinnen auf, denn in diesen Kanzleien finden Frauen oft erleichterte Einstiegsbedingungen als bei den traditionellen „Männervereinen“. 

Die Gläserne Decke bricht langsam

Frauen, die in Kanzleien arbeiten möchten, haben es nicht leicht. Schwierigkeiten beim Berufsaufstieg und der Work-Life-Balance sorgen unter anderem dafür, dass das Feld stark männlich dominiert ist. Die Situation hat sich in den letzten Jahrzehnten zwar verbessert, Fortschritt passiert aber nur langsam. Allerdings gibt es bei immer mehr Kanzleien ein Umdenken. Viele erkennen, wie bereichernd ein diverses Team sein kann. Das und die Tatsache, dass immer mehr Frauen sich mit eigenen Kanzleien selbstständig machen, sind Entwicklungen, die in Zukunft einer größeren Zahl von Jus-Absolventinnen den Weg in die Anwaltschaft ebnen werden.

Verwandte Artikel